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Japan scheitert an seinem Bevölkerungsrückgang

Der Orange County Register WORLD

Dienstag, 14. März 2000

IMMIGRATION: Die niedrige Geburtenrate und die Geringschätzung von Außenseitern könnten den Lebensstandard gefährden.

Von HOWARD FRENCH

Die New York Times

TOKIO - Angesichts der Tatsache, daß seine Bevölkerung schneller schrumpft als die jeder anderen Nation, sagen Regierungsexperten, Demographen und Wirtschaftswissenschaftler, daß die einzige Möglichkeit für Japan, seinen hohen Lebensstandard zu halten, darin besteht, schnell damit zu beginnen, Einwanderer in weitaus größerer Zahl aufzunehmen und die uralte Bequemlichkeit seiner nahezu einheitlichen ethnischen Zugehörigkeit aufzugeben.

Doch trotz Japans bevorstehender demographischer Krise, die sich auf alle Bereiche auswirken wird, von der Finanzierung der Renten für die älteste Bevölkerung der Welt bis hin zur Versorgung der wichtigen Fertigungsindustrien mit Arbeitskräften, stößt jede Diskussion über Abhilfemaßnahmen schnell auf einen tief sitzenden Widerstand gegen die Aufnahme von Außenseitern.

 

Nach Schätzungen der Vereinten Nationen wird die Bevölkerung bis zum Jahr 2050 um 17 Prozent von 127 Millionen auf 105 Millionen zurückgehen. Um die Bevölkerungszahl konstant zu halten, müssten die japanischen Frauen im Durchschnitt 2,08 Kinder zur Welt bringen. Doch im Jahr 1998, dem letzten Jahr, für das solche Daten vorliegen, lag die durchschnittliche Geburtenrate bei 1,38 pro Frau. Schlimmer noch, die rasche Alterung der japanischen Bevölkerung wird den Bevölkerungsrückgang weiter beschleunigen, da es immer weniger Frauen im gebärfähigen Alter geben wird. Schon jetzt haben Branchen wie die Altenpflege, die Arbeit in Krankenhäusern und die am schlechtesten bezahlten Arbeitsplätze in der Landwirtschaft und der verarbeitenden Industrie Schwierigkeiten, genügend Arbeitskräfte zu finden, um mit der Nachfrage Schritt zu halten. Dennoch sprachen sich in einer kürzlich durchgeführten landesweiten Umfrage 80 Prozent der Befragten dagegen aus, noch mehr Einwanderer ins Land zu lassen. Die meisten führen die historisch hohe Arbeitslosenquote Japans als Grund für ihre Ablehnung weiterer Einwanderer an. Experten zufolge steckt jedoch weit mehr dahinter - vor allem eine Tradition der Abschottung, die den meisten Ausländern, insbesondere Asiaten, offen mit Verachtung begegnet. In der Tat war Japan zwischen 1639 und 1854 ein offiziell geschlossenes Land, in dem bei Todesstrafe weder Einwanderung noch Reisen ins Ausland erlaubt waren. Seitdem hat sich das Land kaum noch geöffnet. Der größte Zustrom von Ausländern war die Ankunft von Tausenden von Koreanern, die während der 35-jährigen japanischen Annexion Koreas Anfang dieses Jahrhunderts nach Japan gebracht wurden, um dort zu arbeiten oder für Japan zu kämpfen. Und selbst nach mehreren Generationen hier wurden diese Koreaner nie wirklich akzeptiert. In Japan appellieren Schlosshersteller an die Rassenangst, indem sie in ihrer Werbung Kriminalität unverblümt mit Ausländern in Verbindung bringen. Die meisten Immobilienfirmen weigern sich ganz offen, ausländische Kunden aufzunehmen. Banken weigern sich oft, Ausländern Kredite zu gewähren. Und viele Vergnügungsstätten, von Pachinko-Salons über Bars bis hin zu heißen Bädern, sind ausschließlich Japanern vorbehalten.

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